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Bild: © Tina Ahrens

Buch des Monats

Die neue Macht des Plattformkapitalismus

Steffen Richter veröffentlicht am 11 Mai 2021 3 min

Der Medien- und Literaturwissenschaftler Joseph Vogl zeigt in Kapital und Ressentiment, wie der digitale Finanzmarkt alle demokratischen Kontrollen lahmlegt.

 

Aus heutiger Perspektive kann der barbarische Manchesterkapitalismus des 19. Jahrhunderts fast ein Sehnsuchtsort sein. Zu seiner ausbeuterischen Industrialisierung schien es zumindest noch ein Außen zu geben. Dem digitalen Finanzmarktkapitalismus der Gegenwart hingegen droht keine kollektive Revolte – Entsolidarisierung ist sein Prinzip. Er kann durch Politik nicht eingehegt werden – sie hat ihn installiert. Seine Krisen verzögern nichts – sie sind Katalysatoren. So beschreibt es Joseph Vogl in seinem Buch über Kapital und Ressentiment, das dem Zusammenhang von Märkten und Digitalisierung auf der Spur ist.

Halbwegs friedlich mutete der Kapitalismus nur im kurzen Vierteljahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg an. Zu Beginn der 1970er-Jahre wurde das Abkommen von Bretton Woods und mit ihm die Bindung der Währungen an den Goldstandard aufgekündigt: Waren- wurde von Kreditgeld abgelöst, der Finanzmarkt von der Industrieproduktion entkoppelt. Anschließend sorgten liberale Programme dafür, Finanzmärkte vor den Zumutungen demokratischer Verfahren abzuschirmen, erklärt Vogl. Ihre Digitalisierung wiederum bereitete den Boden, auf dem heute Plattformunternehmen wie Facebook und Google gedeihen. Zur folgenschweren Verschränkung dieser „Informatisierung der Finanzmärkte“ mit der „Finanzialisierung von Information“ liefert Vogl das neueste Wissen – dicht, elegant, schwindelerregend.

Plattformökonomien betreiben Wertschöpfung mit Daten. Der Daten-Rohstoff freilich stammt von den sinnigerweise „produser“ genannten Nutzern selbst: „Nutzer erzeugen, was Konzerne verkaufen“ – wer einen Facebook-Account hat, kennt die Dynamik von Netzwerken, in denen User immer mehr User generieren. Von der Illusion, wir könnten Suchmaschinen oder soziale Netzwerke nutzen, sollten wir uns tunlichst verabschieden – sie nutzen uns. Und „sie“, das sind Unternehmen, Institutionen, Personen. Plattformunternehmen, so Vogl, operieren nicht auf Märkten, sondern implementieren sich selbst als Märkte. Parastaatliche Kryptowährungen sind der vorerst letzte Schritt in einen Onlinestaat, so die Prognose. Kontrolle von außen findet nicht statt. Und was hat es mit dem titelgebenden Ressentiment auf sich? Vogl beschreibt das Ressentiment als „strukturellen Basisaffekt des Kapitalismus“, weil bei dieser emotionalen Disposition die versprochene Gleichheit und die reale Ungleichheit weit auseinanderklaffen. In sozialen Netzwerken, die von Vergleich und Bewertungslust leben, erzeuge dieses Ressentiment dann eine Verbindung zwischen Informationskapitalismus und rechtspopulistischen Konjunkturen.

 

Wissen minus Nachweis und Rechtfertigung

 

Joseph Vogl argumentiert vordergründig wirtschafts- und mediensoziologisch, durchaus aber auch wissenspoetologisch. Information als Grundlage digitalisierter Finanzökonomien sei „Wissen minus Nachweis und Rechtfertigung“. Immerhin weiß Dichtung (eine „unbrauchbare“ Praxis, wie der Literatur- und Medienwissenschaftler einst im TV-Gespräch mit Alexander Kluge erklärte) auf ihre Weise, wie Fiktion und Geldverkehr, Narrative und Vertrauensproduktion zusammenhängen. Diese Verkopplungen diskutiert er anhand eines Melville-Romans – und weist damit auf seinen Wissenschaftsbestseller Das Gespenst des Kapitals von 2010 zurück. Dessen Entzauberung der „invisible hand“ als vermeintlichem Korrektiv zur Unvernunft der Märkte liest sich nun als Vorbote des aktuellen Buches.

Natürlich kann man wirtschaftssoziologisch gegen die These von frei flottierenden Finanzmärkten einwenden, dass Wertschöpfung in der industriellen Produktion auch heute stattfindet und die Vernichtung unserer Lebensgrundlagen betreibt. Und gegen Vogls Digitalisierungs-Aversion ließe sich – mit dem Mediensoziologen Armin Nassehi – anführen, dass diese Digitalisierung nur den lang gehegten Traum der modernen Gesellschaft von der Beobachtung ihrer Datenmuster zwecks Selbsterkenntnis einlöst. So rechten Trost liefern diese Einwände nicht. Solange weder das Internet abgeschaltet noch der Geldverkehr eingestellt wird, bleibt Joseph Vogls Kritik des Plattformkapitalismus Pflichtlektüre. •


Joseph Vogl
Kapital und Ressentiment. Eine kurze Theorie der Gegenwart
C. H. Beck, 224 S., 18 €

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